ruTi | runde Tische
Inhalt statt Ego
morgenjournal.eu/ruTi

Wenige sagen es offen, einige flüstern es im Stillen:
„Ich hätte gern mehr.“
Mehr Sicherheit. Mehr Anerkennung. Mehr Freizeit.
Mehr Lohn. Mehr Unterstützung.
Mehr vom Leben.
Doch die meisten schweigen.
Aus Scham. Mann will ja nicht als undankbar, gierig oder dreist dastehen. Drittklassige Politika° proklamieren sogar, die Zeit des Wünschens sei vorbei.
Statt über unsere eigenen Wünsche zu sprechen, schauen wir dann umso mehr auf andere.
„Warum kriegt der so viel?“
„Warum bekommen die das einfach so?“
„Ich arbeite doch auch hart und kann mir das nicht leisten!“
So wird aus Scham schnell Neid. Und aus Neid heraus entsteht schnell die Forderung, den anderen sollte man etwas streichen. Im Stillen hoffen viele, die durch Kürzungen und Streichungen gesparten Gelder fänden irgendwie den Weg zu einem selbst.
Doch Gerechtigkeit entsteht nicht, wenn wir einander etwas wegnehmen. Das nutzt letztlich immer nur den Reichen und Mächtigen.
Gerechtigkeit entsteht, wenn wir gemeinsam herausfinden, was alle brauchen – und was jeda° wirklich will.
Der Ambassadors Club
MFM – Mehr Für Mich … und meine Mitbürga°
hat uns gebeten, diesen runden Tisch einzurichten.
Wir laden dich ein, offen – und gleichzeitig anonym – über deine Wünsche zu sprechen:
Was würde dich stärken – und vielleicht auch andere, wenn es geteilt wird?
Was wünscht du dir für dein Leben?
Was fehlt dir, damit du dich sicher, gesehen und fair behandelt fühlst?



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Ich wünsche mir, dass wir mehr reden, statt verurteilen.
Ich bin niemand, der viel sagt.
Ich beobachte eher.Im Netz, in der Bahn, bei der Arbeit. Und was ich sehe, macht mich manchmal traurig: So viele verurteilen andere, ohne je mit ihnen gesprochen zu haben.
Ich wünsche mir, dass wir einander wieder mehr zuhören. Dass wir aufhören, uns ständig zu vergleichen – und anfangen, unsere Bedürfnisse zu teilen.
Ich glaube, wenn jeder ehrlich sagen könnte: „Ich wünsche mir …“, ohne Angst vor Spott oder Neid, dann wären wir als Gesellschaft schon viel weiter.
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Ich wünsche mir einen Job Arbeit, der mich nicht nur über Wasser hält – sondern mir meine Würde lässt.
Ich bin 53, arbeite im Lager.
Vertrag befristet.
Keine Aufstiegschancen.
Kein Tariflohn.
Umziehen zählt nicht zur Arbeitszeit.
Um eine Zigarette zu rauchen, muss ich ausstempeln.Ich stehe um 5 Uhr auf, schleppe, hetze, ackere. Und trotzdem reicht es für nix als Miete, Tanken und Stullen. Seit 2008 kein Urlaub. Seit 2020 auch kein Fußball mehr. Klamotten und Schuhe von der Caritas. Der Geschirrspüler ist seit drei Jahren defekt.
Freunde einladen? Was will ich denn anbieten?
Einladungen annehmen? Lieber nicht, ich kann mich ja nicht revanchieren.
Arbeiten. Lesen (geliehene Bücher, keine gekauften). Schlafen.
Ich wünsche mir keine Almosen.
Ich wünsche mir eine Arbeit, von der ich leben kann. Wie früher, mit Urlaub und Fußball und Grillen gehen. -
Ich wünsche mir, nicht ständig kämpfen zu müssen.
Ich bin alleinerziehend. Zwei Kinder, Teilzeitjob, Pflege meiner Mutter. Und ich bin stolz auf das, was ich schaffe – aber ich bin müde. Und ich bin wütend.
Wütend darüber, dass Hilfe oft nur mit zehn Formularen zu kriegen ist. Dass Elternschaft wie ein Hobby behandelt wird, nicht wie Verantwortung. Dass ich jeden Cent zweimal umdrehen muss. Dass ich in die Schmarotzer-Schublade gesteckt werde, während Milliardäre über Steuertricks lachen.
Ich wünsche mir weniger Kampf.
Weniger Rechtfertigung.Ich wünsche mir mehr Unterstützung, die von selbst kommt – nicht erst nach dem dritten Anruf.
Ich wünsche mir, dass Sorgen nicht Alltag sind.
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Ich wünsche mir Respekt.
Ich arbeite im Einzelhandel. Seit 18 Jahren. Ich bin pünktlich, freundlich, halte durch, auch wenn’s stressig wird. Und trotzdem habe ich manchmal das Gefühl: Ich bin für viele Menschen bestenfalls unsichtbar, schlimmstenfalls sogar das Opfer, an dem man die eigene schlechte Laune auslassen kann.
Ich wünsche mir Respekt – ohne dass ich erst laut werden oder um Anerkennung kämpfen muss.
Ein „Danke“, das ernst gemeint ist.
Ein Lächeln.
Ein ehrliches Gespräch auf Augenhöhe.Ich will ja gar nicht reich werden.
Aber respektiert werden.Ich wünsche mir Respekt. Für mich. Für meine Kolleg*innen. Für alle, die Tag für Tag den Laden am Laufen halten.